Zwischen Dramatisierung und Dokumentation. Die Inszenierung Mitläufer von Noam Brusilovsky am Residenztheater in München
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Date of Publication
November 6, 2024
Publication Type
Conference Paper
Division/Institute
Language
German
Description
Wie erzählt man die NS-Vergangenheit eines Theaters? Welches Verhältnis hatten das Theater als staatliche Institution und seine Akteur*innen zum Regime? Und inwiefern war man sofort Täter*in, wenn man im Dritten Reich am Theater Karriere machte? Diesen Fragen ist die Produktion Mitläufer von Noam Brusilovsky am Residenztheater in München nachgegangen. Co-Autorin Lotta Beckers und Dramaturgin Carolina Heberling berichten über ihre Arbeit an diesem dokumentarischen Prozess. Sie beleuchten dabei Aspekte der Archivrecherche und der Materialauswahl, der Dramatisierung von Archivgut, der szenischen Umsetzung und der Rollenarbeit mit den Schauspieler*innen. Dabei rückt zuerst das Archiv als diskursiver Raum mit seinen je eigenen Lücken in den Blick. Ausgehend von der Idee, dass historische Fakten eine Dramatisierung benötigen, um als Geschichte zu funktionieren, wird dann die dramaturgische Form des Gerichtstheaters reflektiert, die Mitläufer aufruft. Das Archivmaterial nimmt in diesem Prozess einen doppelten Status ein: Einerseits werden Dokumente, Fotos, Tonaufzeichnungen und Videoschnipsel als Beglaubigung von Fakten eingesetzt, andererseits unterliegen sie stets einer künstlerischen Manipulation im Interesse der Inszenierung und ihrer Erzählung. Abschließend wird deshalb die Verantwortlichkeit von dokumentarischem Theater für die historische Korrektheit seiner Erzählungen kritisch diskutiert.